Ich liebe farbenfrohe Gestaltung, die Laune macht und anders ist. Das kann auch gut am Zeitgeist liegen: Vielleicht sind es aktuell einfach zu viele Krisen und schlechte Nachrichten, dass sich mein Auge nach Leichtigkeit und guter Stimmung sehnt.
Ich spreche hier aber nicht von knallbunt. Denn da gibt es einen kleinen Unterschied: Bunt ist das zufällige, ungestaltete, das nicht ausgewogen und aufeinander abgestimmt ist. Farbig bzw. farbenfroh bedeutet, dass die Farben harmonisch zusammenpassen und aufeinander Bezug nehmen. Ein aufgeräumtes Bunt sozusagen.
Farbenfrohe Marken strahlen Selbstbewusstsein aus und die Chance, dass sie somit im Gedächtnis bleiben ist sehr hoch. Unkonventionelle Gestaltung sorgt allgemein für einen guten Wiedererkennungswert bei deiner Zielgruppe – vorausgesetzt es passt zu deinen Werten und deiner Positionierung.
Mut anders zu sein
Marken müssen heutzutage im Konsumdschungel auffallen. Markteinsteiger haben es oft schwer, einen Wiedererkennungswert zu schaffen und nicht ein bloßes Fähnchen im Wind zu sein. Sie müssen Position beziehen und Haltung beweisen. An Marken muss man sich orientieren und festhalten können.
Nach einer gelungenen Positionierung mit Purpose, Vision, Mission – sozusagen den Soft Skills deiner Marke – liegt es nun am visuellen Erscheinungsbild, deine bzw. die Haltung deines Unternehmens in Form zu gießen. Das gelingt ganz großartig mit der Macht von Farben. Sie sprechen deine Zielgruppe emotional an: Sie erzeugen Aufmerksamkeit, sind leise und entspannend, laut und selbstbewusst oder natürlich und heimelig.
Farben rufen Emotionen hervor
Farben stehen für Stimmungen und wecken Emotionen. Das ist ein ganz unterbewusster Prozess in unseren Gehirnen. In anderen Kulturkreisen können Farben mit anderen Assoziationen und Emotionen besetzt sein. Die Farbe Weiß steht beispielsweise bei uns für Reinheit oder Klarheit. In Japan hingegen symbolisiert sie Trauer.
Vor allem innerhalb einer Branche kann es spannend sein, eine unübliche Farbwahl zu treffen und den Mut zu haben, etwas Neues auszuprobieren. Wie wäre es z.B. einmal mit einer grünen Palette für eine Steuerberaterin, in der sonst sehr blau und grau gehaltenen Finanzbranche? Oder mit knalligen Farben und Neon-Akzenten in der eher zurückgenommen Coaching-Branche?
Farbpalette
Für meine Kund*innen erstelle ich meist Farbpaletten mit 4 bis 5 Farben. Manchmal sind es für ein Branding auch mal mehr oder weniger Farben. Das ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich und ganz individuell. Im Großen und Ganzen orientiere ich mich an folgendem Schema:
Primärfarbe:
Ist die Hauptfarbe, die am häufigsten verwendet wird und in allen Bestandteilen des Branding vorkommt. Sie ist ein zentrales Element im Corporate Design und kommt oft auch im Logo vor. Starke Markenfarben sind z.B. das Magenta von Telekom.
Fun Fact: Die Farbe Magenta ist so stark mit der Marke verknüpft, dass in der Google-Suche vor dem Wikipedia-Eintrag zum Farbton erst einmal drei MagentaTV-Treffer erscheinen.
Sekundärfarbe (optional):
Ergänzt die Primärfarbe und fügt sich harmonisch in das Gesamtbild ein. Sie ist nicht zwingend nötig, bietet aber oft mehr Möglichkeiten bzw. Flexibilität, die Markenbotschaft zu vermitteln.
Akzent:
Die Akzentfarbe sticht hervor und bringt Leben in das Branding. Sie ist sozusagen der „pop of colour“ und eignet sich deswegen besonders gut für Buttons auf Websites, Hinweise auf Verpackungen oder wichtige Informationen auf Flyern. Trotzdem muss sie in das Gesamtbild passen.
Text:
Die Textfarbe ist meist ein dunkler neutraler Ton, der gut lesbar ist. Sie eignet sich aber auch als dunkle Hintergrundfarbe und verleiht der gesamten Farbpalette mehr Vielseitigkeit.
Hintergrund:
Eine helle neutrale Farbe ist für jede Farbpalette obligatorisch. Sie gleicht die kräftigeren Farben aus und ist meist eine elegantere Lösung als Weiß. Ich nutze reines Weiß beispielsweise nicht gerne, weil es meist zu kühl wirkt und einen zu harten Kontrast zu den anderen Farben darstellt.
Das Schema mit 4-5 Farben ist nur eine Richtlinie und kann z.B. nur auf eine Primärfarbe begrenzt oder sogar mit einer Tertiärfarbe erweitert werden.
Ich versuche die Farbpaletten meiner Kund*innen so flexibel wie möglich zu halten, damit viele Farbkombinationen möglich sind. Ich teste die Kombinationen auch immer auf Lesbarkeit, d.h. ob der Kontrast zwischen Hintergrund- und Schriftfarbe hoch genug ist, um problemlos gelesen zu werden.
Schöne Ergänzung: Brand Pattern
Markenmuster sind eine tolle Möglichkeit das Branding auf ganz besondere und spielerische Art und Weise zum Leben zu erwecken. Sie können z.B. aus dem Logo bzw. Teilen davon, individuellen Icons oder Illustrationen bestehen.
Vor allem für kleine Brands, die einen Schritt voraus sein wollen, sind Markenmuster interessant, da man sie aktuell noch nicht überall sieht. Brand Pattern eignen sich z.B. als Hintergrund für deine Website oder Banner für LinkedIn, für Verpackungen oder Visiten- und Postkarten.
Kleine Blumen und Pflanzen im Stil des Logos „Little Organic“ können gut für Verpackungen genutzt werden und unterstreichen den ökologischen Ansatz der Marke. Auch die verschiedenen Illustrierten Hände für studio nani eignen sich z.B. für Visitenkarten oder Sticker.
Konsistentes Branding
Wenn du deine Unternehmensfarben festgelegt hast, solltest du auch bei deiner Farbpalette bleiben. Denn einheitliche und sich wiederholende Farben schaffen einen hohen Wiedererkennungswert bei deiner Zielgruppe.
Farben erreichen Menschen auf einer emotionalen Ebene – anders als dein Logo oder ein Schriftbild. Sie stärken das Markenbild und die Assoziation mit der Farbe für deine Marke.
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