Wie wirkt Design? – Mit Design die Welt verändern (2)

Design wirkt auf einer tieferen Wahrnehmungsebene und beeinflusst Kultur, Gesellschaft und unser Ästhetikempfinden. Ich analysiere, wie wir Designer diese Erkenntnis für uns nutzen können.

Natürlich ist der Titel sehr plakativ und vielleicht auch etwas vermessen. Mit Design die Welt verändern? So ein Quatsch! Oder vielleicht doch nicht?

In der dreiteiligen Reihe „Mit Design die Welt verändern“ gehe ich der Frage auf den Grund, was Designer für eine bessere Welt beitragen können, ohne alles immer „nur schön zu machen“. Denn Design entwickelt sich gerade zu einer strategisch-analytischen Disziplin, die wesentlich mehr kann als gestalten. Im zweiten Teil geht es um die Wirkung von Kommunikationsdesign.

Werbung überflutet unseren Alltag

Wir leben in einer Gesellschaft in der es viel gibt: Viel Information, viel Werbung, viel Lärm und viele Produkte. Täglich werden wir von Inhalten und Reizen überflutet. Durchschnittlich sind wir 10.000-13.000 Werbekontakten pro Tag ausgesetzt. Damit wir mit dieser Reizüberflutung umgehen können, besitzt unser Gehirn Filtersysteme, die unwichtige Reize aussortieren können, bevor sie unser Bewusstsein erreichen. Die Gefahr, dass bestimmte Nachrichten einfach aussortiert werden und erst gar nicht in unsere Wahrnehmung gelangen, führt zwangsläufig zu einem Problem im (Kommunikations-) Design. Denn wie können wir unsere Botschaft vermitteln, wenn sie aufgrund unserer gesellschaftlichen Gegebenheiten nicht richtig aufgenommen werden kann? Die aktuelle Lösung für viele Unternehmen lautet bunter, lauter, kontroverser und schriller. Je mehr, desto besser.

Was hat Werbung mit Design zu tun?

Doch mehr bedeutet auch weniger Aufmerksamkeit seitens der Konsumenten. Das Fachwort dafür lautet „Werbeblindheit“ und tritt vermutlich schon bei 3.000 bis 5.000 täglichen Werbebotschaften auf. Wie oft klicken wir Werbebanner ungesehen einfach weg? Oder starren bei YouTube Ads nur auf den Countdown, bis wir die Werbung endlich überspringen können? Plakate und Flyer nehmen wir teilweise gar nicht mehr wahr, weil sie wie selbstverständlich auf so ziemlich jeder freien Fläche kleben bzw. liegen.

Werbung in Form von Plakaten kleben an vielen Stellen in der Stadt.
(Werbe-) Botschaften begleiten unseren Alltag und integrieren sich schon ganz selbstverständlich in unsere Wahrnehmung. | Photo by Anthony Tuil on Unsplash

Vielleicht fragst du dich, was dich die Werbung interessiert, wenn du doch schöne Visitenkarten oder die Website für den örtlichen Tierschutzverein gestaltest. Ich sage, ganz schön viel! Werbung bedeutet nichts anderes als das Verbreiten von Informationen. Durch visuell aufbereitete Informationen – also durch Farben, Bilder, Schriftart, Layout etc. – soll eine Handlung hervorgerufen, ein Gefühl erzeugt oder bestimmte Gedanken angeregt werden. Auch eine schöne Visitenkarte oder eine Website verbreitet Information und soll durch seine Ästhetik den Empfänger anregen, Kontakt aufzunehmen und letztlich auch einen Kauf zu tätigen. Die Visitenkarte ist im weiteren Sinne also auch Werbung. Dementsprechend gehen durch den Informationswahnsinn auch die „guten Botschaften“ unter.

Mit Design Gutes hervorheben

In dieser verrückten Welt müssen wir als verantwortungsbewusste Designer kontinuierlich das Gute hervorheben, Informationen leicht verständlich vermitteln, Klarheit bringen und Qualität erzeugen. Designer können einen Informationsfluss ermöglichen, der zur Lebensqualität und einer besseren Gesellschaft beitragen kann. Denn Werbung ist letztendlich ein Produkt des Kommunikationsdesigns und diese Erkenntnis sollten wir uns zu Nutze machen.

Design …

  • beeinflusst maßgeblich unsere Kultur und unsere Werte.
  • prägt unseren Lebensstil und unser Erscheinungsbild.
  • steuert Entscheidungen.
  • entscheidet, wie soziale Rollenbilder definiert werden.
  • definiert Sprachräume innerhalb einer Gesellschaft.
  • bestimmt, wie kultureller Konsens geschlossen werden sollte.


Kommunikationsdesign wirkt im Unterbewusstsein – auf der Gefühlsebene – der Menschen und verankert sich dadurch nachhaltiger im Gehirn.

Design gehört auf CEO-Ebene

Mit dieser Erkenntnis gewappnet, braucht der Designer nicht nur Fingerspitzengefühl und handwerkliche Fähigkeiten, sondern auch tiefer greifende Kompetenzen, um die Menschen auf einer unterbewussten Ebene erreichen zu können:

  • Achtsamkeit: Das eigene Bewusstsein schärfen. Aufmerksamkeit gegenüber unserer Gesellschaft und gegenwärtige Vorgänge verstehen bzw. verfolgen.
  • Differenziertheit: Unterschiede erkennen und anerkennen. Verstehen, dass ich selbst nicht das Maß aller Dinge bin, dass jeder Mensch individuell ist und hat seine ganz eigen Sicht auf die Dinge hat. Design kann niemals allem gerecht werden. Stichwort: subjektive Wahrnehmung.
  • Reflexion: Meine eigene Rolle und meine Arbeit reflektieren und daraus Schlüsse ziehen können.
  • Flexibles Denken: Out-of-the-box denken und sich an die komplexe, sich schnell ändernde Welt anpassen.
  • Analytische Stärke: Zusammenhänge analysieren und verstehen, um daraus Schlüsse für die Gestaltung zu ziehen.
  • Soziale Kompetenz: Respekt und Menschlichkeit im Umgang mit anderen Menschen, Kulturen und Meinungen. Mit Human Centered Design Mensch-gerechte Produkte gestalten.
  • Empathie: Sich in andere Menschen einfühlen und deren Emotionen nachempfinden können, um die Wirkung von Kommunikation zu verstehen und einzuschätzen.


Nicht umsonst steigt Design Thinking in die Führungsetagen auf. Unsere komplexe Welt braucht genau diese Stärken.


Im nächsten Teil der Reihe geht es darum, wie Design als funktionales Werkzeug in einer komplexen Welt eingesetzt werden kann.

Was ist Design? – Mit Design die Welt verändern (1)
Wie wirkt Design? – Mit Design die Welt verändern (2)
Design als Werkzeug – Mit Design die Welt verändern (3)

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