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Kollektive Kuration, KI-Pollution und die Sehnsucht nach Authentizität im Internet

KI flutet das Netz. Doch echte Gedanken haben Wurzeln. Ein Impuls über Content-Kuration, Echokammern und KI-Pollution.


Als regelmäßige Reddit-Userin bemerke ich in letzter Zeit immer mehr Ankündigungen der Moderatoren (Mods) in den verschiedenen Subs (themenbozegen Foren), die KI-generierte Beiträge zu löschen oder zu bannen (wie z. B. hier im Sub von Downton Abbey (externer Link) oder im Grafikdesign-Sub (externer Link)). Nicht weil sie per se gegen KI sind, sondern…

  • weil die Inhalte flach und redundant sind,
  • die Qualität und die Tiefe der Diskussionen verwässern,
  • und eine Flut an gleichförmigen Content erzeugen.

Die Resonanz der Mitglieder auf diese Ankündigungen ist durchweg positiv, da sich die User echten Austausch und menschliche Perspektiven wünschen. Was in den moderierten Bereichen von Reddit passiert, ist eine Form von kollektiver Content-Kuration. Diese Kuration sehe ich als demokratisches Werkzeug zur Qualitätssicherung und als Gegensatz zur Algorithmus-getriebenen Ausspielung von Inhalten.

Beide Vorgehen – die kollektive Kuration und der Algorithmus – sortieren Inhalte nach Relevanz. Doch sie verstehen darunter etwas grundverschiedenes:

  • Relevanz in Algorithmen: basiert auf Reichweite, Likes, Clickbait, Polarisierung.
  • Relevanz in Content-Kuration: basiert auf Bedeutung, Kontext und Qualität für eine Community.

Ich finde, das klingt ganz gut soweit. Aber hier muss ich einhaken und die andere Seite betrachten, bei der kollektive Content-Kuration an seine Grenzen kommt. Denn auf Reddit gibt es zu allen Themen Communities (WIRKLICH alle! Auch schwierige, böse und kontroverse Themen wie z. B. Rechtsradikalismus, Rassismus oder Schwurbelei).

Jede Community ist natürlich auch eine Bubble und so kann schnell eine Echokammer entstehen, die die User noch tiefer in ihre Bubble treibt, wenn keine kritische Reflexion stattfindet. Wir halten also fest:

  • Die Qualität der Content-Kuration ist von der Community abhängig.
  • Homogene Gruppen neigen dazu, sich selbst zu bestätigen.
  • Echokammern verstärken bestimmte Narrative.

Kollektive Kuration ist also kein Garant für Qualität. Sie ist lediglich ein Spiegel der kollektiven Haltung einer Gruppe. Und diese kann genauso gut kritisch, neugierig und offen wie radikalisiert, dogmatisch oder gefährlich sein.

Begriffsklärung:

  • Bubble = ein Raum mit gemeinsamem Fokus, oft neutral bis positiv (z. B. „Garten-Bubble“, „Design-Bubble“).
  • Echokammer = eine Verstärkungsstruktur, in der nur gleichlautende Meinungen zugelassen oder sichtbar sind und andere aktiv ausgeblendet werden.

In den Subs, in denen ich unterwegs bin, folgt die Content-Kuration aktuell dem Wunsch nach mehr Menschlichkeit und Authentizität im Internet, die an vielen Stellen bereits nicht mehr vorhanden ist. Um in der Metapher des digitalen Gartens zu bleiben:

Menschen spüren intuitiv, wenn ein Gedanke keine Wurzel hat.

Was heißt das?

  1. Ein verwurzelter (menschlicher) Gedanke:
    Wie ein Mensch denkt und welche Schlüsse er zieht, hängt u. a. immer von seinen Erfahrungen, seiner individuellen Wahrnehmung der Welt, seiner Haltung oder ethischem Kompass ab. Ein verwurzelter Gedanke ist darin eingebettet und steht immer im Kontext dessen, was diesen Menschen ausmacht. Er hat eine Herkunft und ist offen für Weiterentwicklung, weil er sich mit anderen Gedanken verbinden kann.
  2. Ein KI-generierter Gedanke:
    Sprachmodelle (wie ChatGPT oder Gemini) entwickeln ihre Gedanken aus der wahrscheinlichsten Folge von Tokens (also Wörtern bzw. Satzteilen), die auf Milliarden statistischer Muster aus Trainingsdaten basieren. KIs simulieren dadurch Bedeutung, indem sie sprachliche Plausibilität ohne eigene Perspektive nachahmen. Deswegen wirken die Formulierung oft glatt und leer. Menschen spüren diese Leere intuitiv, gerade wenn sie nach echter Verbindung suchen.

Dieser Beitrag wächst weiter

In diesem Text teile ich meine ersten Gedanken, die der Anfang eines größeren Essays über KI-Pollution, kollektive Kuration und digitalen Wandel sind.

Diese Fragen möchte ich weiter vertiefen:

  • Was genau ist KI-Pollution – und wie äußert sie sich im Alltag?
  • Woran erkennt man Inhalte, denen „die Wurzel fehlt“?
  • Wie verändert KI-Pollution unsere Suchkultur, unser Denken, unsere Sprache?
  • Welche Rolle spielen Menschen in der Content-Kuration der Zukunft?
  • Was können wir als Webdesigner*innen, Texter*innen und Redakteur*innen jetzt tun?
  • Welche Auswirkungen hat die Inflation an gleichförmigem Content auf Wahrnehmung, Qualität und Resilienz digitaler Räume?
  • Wie kann man als kleiner Akteur gegen die algorithmische Sichtbarkeit bestehen?

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