Um was geht es?
Es ist oft ein Trugschluss, dass digitale Medien nachhaltiger sind als beispielsweise Print-Medien. Denn man spart sich ja den Druck und das Papier. Aber so einfach ist es nicht. Eher das Gegenteil ist der Fall. Der sogenannte digitale Fußabdruck – also alle CO2-Emissionen, die durch die Nutzung digitaler Medien anfallen – ist einfach nur abstrakter und weniger sichtbar als im Print- bzw. klassischen Grafikdesign.
Jede Suchanfrage, jede E-Mail und jede gestreamte Serie verursachen CO2-Emissionen, ebenso wie Online-Werbung, Websites und die Nutzung von Cloud-Speichern. Wäre das Internet ein Land, würde es im weltweiten Vergleich den sechsten Platz beim CO2-Ausstoß belegen. Denn jeder Klick verbraucht Energie und der Großteil der Energie, die für die Serverinfrastruktur benötigt wird, stammt aus fossilen oder nicht erneuerbaren Energiequellen. Und die Nutzung nimmt stetig zu.
Der Energieverbrauch eines Klicks
Durch den Klick auf z.B. einen Absenden-Button in einem Formular wird eine Anfrage meines Endgeräts ausgelöst. Meine Anfrage wird nun im Kommunikationsnetzwerk verteilt und an einen Server in einem Rechenzentrum weitergeleitet. Dieser Server verarbeitet meine Anfrage und schickt die Antwort wiederum über die Kommunikationsnetzwerke an mein Endgerät zurück. Das Formular wird abgeschickt und ich bekomme eine Meldung für den erfolgreichen Versand.
Sich solche Abläufe bewusst zu machen, ist der erste Schritt sich für das Thema des digitalen Fußabdrucks zu sensibilisieren und Maßnahmen im unternehmerischen Kontext – wie beispielsweise die Gestaltung einer nachhaltigen Website – und auch privaten Bereich – z.B. durch das Ausmisten deines Cloud-Speichers – zu ergreifen.
Wie setzt sich der digitale Fußabdruck zusammen?
Aktuell fallen 4 % der globalen Treibhausgasemissionen für die Nutzung digitaler Dienste an – mehr als die private Fliegerei mit nur 2,4 %. Pro Kopf summiert sich das auf etwa 849 kg CO2 pro Jahr, was ungefähr 10 % des durchschnittlichen CO2-Fußabdrucks von 8 t pro Kopf in Deutschland entspricht. Der digitale Fußabdruck beruht auf Schätzungen des durchschnittlichen Verbrauchs.
Davon kann eine etwa 3000 km lange Strecke mit dem Auto zurückgelegt werden (ca. 3x die Strecke Nürnberg-Rom) oder 48,5 Stunden Netflix gestreamt werden.
Im Detail setzen sich die 849 kg des digitalen Fußabdrucks wie folgt zusammen:
Produktion und Stromverbrauch der Endgeräte
Der größte Anteil (41%) entfällt auf die Herstellung von Hardware wie Fernsehern, Smartphones und Laptops. Diese Hardware besteht oft aus seltenen Erden und verbraucht viel Wasser und Energie bei der Produktion.
An zweiter Stelle steht die Nutzung der Endgeräte (29%). Dies beinhaltet hauptsächlich den Stromverbrauch der Geräte – v.a. der Fernseher nimmt dabei einen großen Teil ein. Allerdings nimmt die Sehdauer des analogen Fernsehen laut einer ARD-Studie stetig ab und die Nutzung der Mediatheken bzw. Streaming nimmt zu. Hier wird sich in Zukunft also ein Teil in der Aufschlüsselung verlagern.
Der Betrieb von Rechenzentren
Der Betrieb von Rechenzentren macht 22% des digitalen Fußabdrucks aus – hauptsächlich durch den Stromverbrauch der Server und die Kühlung. Manche Rechenzentren befinden sich in der Nähe von Wasserkraftwerken, da die Wasserkühlung effizienter als eine Luftkühlung ist. In Skandinavien wird die Abwärme beispielsweise für die Beheizung von Häusern in der näheren Umgebung genutzt, was die CO2-Bilanz dieser Rechenzentren natürlich positiver ausfallen lässt. In Deutschland fehlt dazu leider die Infrastruktur.
Soziale Netzwerke, Suchanfragen und Website-Klicks
Ein kleinerer Teil entfällt auf die Nutzung von Netzwerken (8%), der aber in Zukunft noch wachsen wird. Wie oben bereits geschrieben verbraucht jeder Klick im Internet Energie. Dazu zählen das Versenden von E-Mails, eine Suchanfrage bei Google oder das Liken und Kommentieren in den Sozialen Netzwerken.
Die britische WordPress-Agentur „Wholegrain Digital“ hat ein super Toolkit zusammengestellt, wie du deinen digitalen Fußabdruck reduzieren kannst.
Schwer ins Gewicht fallen auch Websites, die im Durchschnitt 2 MB groß sind und 1,76 g CO2 pro Seitenaufruf verbrauchen. Bei 10.000 Pageviews pro Monat sind das ganze 200 kg CO2.
Wenn du deine Website testen möchtest, kannst du das mit dem Tool „Website Carbon“.
Ist das Internet ein Klimakiller?
Es kommt (wie immer) darauf an. Es gibt keine 100%ige Nachhaltigkeit, da jede unserer Handlungen Auswirkungen auf die Umwelt hat und Ressourcen verbraucht. Doch das bedeutet nicht, dass wir untätig bleiben sollten. Sensibilisierung und das Ausbrechen aus dem Schwarz-Weiß-Denken sind entscheidend, jeder Schritt in Richtung Nachhaltigkeit zählt.
Nachhaltigkeit ist ein Prozess
Nachhaltigkeit ist außerdem kein Endziel, auf das du hinarbeitest, sondern ein fortlaufender Prozess. Genau wie im Designprozess selbst braucht es auch bei der Nachhaltigkeit regelmäßige Reflexion und Iterationsschleifen, um kontinuierlich besser zu werden. Wir erschließen uns das Feld der digitalen Nachhaltigkeit gerade erst. Ich bin optimistisch, dass…
- … Technologien immer effizienter werden, um beispielsweise Daten besser komprimieren zu können,
- … der Einsatz von KI stärker genutzt wird, um beispielsweise die Server-Auslastung besser zu steuern,
- … mehr innovative Ideen entstehen, um beispielsweise die Abwärme in das Heizungsnetz einzuspeisen.
Dann kann die Digitalisierung Teil der Lösung sein. Dazu braucht es aber einen gemeinssamen Willen von Politik und Gesellschaft, um die Digitalisierung nachhaltig zu gestalten.
Wir Designer*innen können hierbei einen wichtigen Beitrag leisten, indem wir umweltfreundlichere und energieeffiziente Designpraktiken fördern und über das Thema aufklären. Denn jeder von uns kann dazu beitragen, den digitalen Fußabdruck zu verkleinern und eine nachhaltige Digitalisierung voranzutreiben.